BEATRICE SARTORI
- ARTISTIC HUB MAGAZINE

- 30. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
Poesie, die sich in Bild und Erzählung verwandelt
Beatrice Sartori ist eine Künstlerin, deren Werk keine Grenzen zwischen Sprache, Papier und Farbe kennt. Ihre Geschichten und Collagen erschaffen eine Welt, in der Zartheit zur treibenden Kraft wird und die Fantasie Raum zum Atmen findet. Im Gespräch mit Artistic Hub Magazine spricht sie über ihr neues Buch Die Legende von Edgar, über Ausstellungen, die ihr Jahr geprägt haben, und über ihre Erfahrung, die Schweiz auf internationaler Bühne zu vertreten Ihre Worte zeigen, dass Kunst nicht allein eine Form ist, sondern eine Art, die Welt mit Güte, Hoffnung und stiller Stärke zu betrachten.

Ihre Werke sind bereits weltweit anerkannt, und doch eröffnen Sie mit Büchern und Ausstellungen immer wieder neue Kapitel. Wie würden Sie sich heute, in diesem Moment, selbst beschreiben und welche künstlerische Welt gestalten Sie?
Heute sehe ich mich als visuelle Künstlerin und Autorin, die ein poetisches Universum aufbaut, genährt von Ruhe und Träumen. Am wichtigsten ist mir, Zartheit zu vermitteln, Verbindungen zu schaffen und Menschen miteinander zu verknüpfen. In einer Welt, die sich ständig verändert, möchte ich einen Raum für Fantasie und Staunen anbieten.Am meisten Freude empfinde ich, wenn mir jemand sagt, dass meine Werke positive Energie schenken. Diese Worte erfüllen mich mit Glück und bestätigen, dass ich meine Absicht erreicht habe. Dieser Dialog nährt meine Kreativität, ermutigt mich, weiterzugehen und neue Horizonte zu erkunden. Indem ich meiner künstlerischen Vision treu bleibe, gelingt es mir, authentische und dauerhafte Beziehungen mit jenen zu knüpfen, die in mein Universum eintreten. Dieses Gefühl einer positiven Erfüllung ist für mich der Kern meiner künstlerischen Praxis heute.
Ihr neues Buch Die Legende von Edgar erscheint gerade. Was steht im Zentrum dieser Geschichte, welche Botschaft möchten Sie vermitteln, und wie ist sie entstanden? Was war Ihnen beim Schreiben am wichtigsten?
Die Legende von Edgar erzählt die poetische und berührende Geschichte einer Vogelscheuche, die das Leben liebt. Es ist die Erzählung einer Figur, die von anderen abgelehnt wird und dennoch von der Schönheit der Welt fasziniert bleibt. Unter ihrem abgetragenen und verwelkten Stroh schlägt ein zartes und aufrichtiges Herz, getragen von einem tiefen Wunsch nach Entdecken und Teilen. Mit Edgar wollte ich eine Botschaft von Güte, Hoffnung und Freiheit weitergeben, eine Einladung, über äußere Erscheinungen hinauszusehen und der Stimme unserer Träume zu folgen. Die Geschichte entstand, als ich eine kleine Vogelscheuche in einem Blumentopf betrachtete. Ich sah sie dort stehen, allein und unbeweglich, verwurzelt in der Erde ohne Möglichkeit fortzugehen, und doch mit weit geöffneten Armen, als wollte sie fliegen. Beim Schreiben war mir am wichtigsten, eine traumhafte und sensible Dimension zu bewahren, die Melodie des Textes so zu formen, dass jedes Wort und jeder Rhythmus Edgars Emotion und Poesie trägt.

Dieses Buch vereint Ihre Liebe zum Schreiben und zur bildenden Kunst. Auf welche Weise floss die Poetik Ihrer Collagen in Edgar ein, und hat Ihnen das Schreiben im Gegenzug eine neue Sicht auf die Arbeit mit Papier eröffnet?
Das Schreiben war es, das mir zuerst die Türen zur Collagekunst öffnete. In dem Wunsch, meine Geschichten zu illustrieren, entdeckte ich die Ausdruckskraft der Collage und entwickelte ein visuelles Universum aus Formen, Farben und Harmonie. Dieser Prozess hat mein Verhältnis zum Bild tiefgreifend verändert und nährt weiterhin meine Vorstellungskraft.
Für Die Legende von Edgar schuf mein Ehemann, der Maler Michel Jegerlehner, die Illustrationen. Als ich ihm die Geschichte vorlas, war er sofort berührt von der Poesie der Vogelscheuche, die in einem Sonnenblumenfeld steht. Die Bilder kamen ihm ganz natürlich, und durch seine Aquarelle übermittelte er die Atmosphäre dieser Figur, ihre Verbindung zur Natur und ihren Traum von Freiheit. Ich liebe es, diese doppelte künstlerische Praxis zu leben, zwischen visueller Kunst und Schreiben, zwei sich ergänzende Sprachen, die ständig im Dialog stehen. In meinen Collagen schreibe ich stets eine kurze Geschichte zum Bild, um seine Botschaft zu vertiefen und die Emotion zu verlängern. Für mich bedeutet die Verbindung von Wort und Bild, den Betrachtenden ein zartes und sensibles Universum voller Resonanz anzubieten.
In diesem Jahr haben Sie die Schweiz als künstlerische Botschafterin bei Art Connects Women 2025 unter der Schirmherrschaft der UNESCO vertreten. Welche Bedeutung hatte diese Erfahrung für Sie, und hat sie neue Fragen oder Themen in Ihrer künstlerischen Praxis eröffnet?
Es war mir eine große Ehre, die Schweiz bei der achten Ausgabe von Art Connects Women in Dubai zu vertreten, einer renommierten Veranstaltung, die 112 Künstlerinnen aus 112 Ländern zusammenbrachte. Es war eine zutiefst inspirierende Erfahrung, ein Fest der Inklusion, der Gleichberechtigung und der Vielfalt weiblicher Kunst. Während fünf intensiver Tage hatte ich das Privileg, außergewöhnliche Künstlerinnen kennenzulernen und mit ihnen ein unvergessliches menschliches Erlebnis zu teilen. Die Teilnahme an diesem interkulturellen Dialog hat mich auf besondere Weise bereichert. Sie hat meinen Wunsch gestärkt, Werke zu schaffen, die Räume für Nachdenken eröffnen, Menschen verbinden und eine Zukunft entwerfen, die von Respekt und Inklusivität getragen ist. Aus dieser Inspiration entstand meine Serie Vereint in Harmonie, die Frauen sichtbar macht, die von einer gemeinsamen Bewegung der Hoffnung getragen werden, geleitet von Frieden, Freiheit, innerem Licht und einer tiefen Verbundenheit zwischen Menschen und der Natur.
In der ersten Hälfte des Jahres 2025 hatten Sie zwei wichtige Ausstellungen: Fragmente der Harmonie im März und Wo Papier blüht im Juni. Was haben diese Kapitel für Ihren Weg bedeutet, und wie haben sie die Richtung Ihrer Arbeit geprägt?
Diese beiden Ausstellungen, so unterschiedlich sie auch in ihrem Ansatz sind, teilen dieselbe Essenz: Poesie, Aufrichtigkeit und Reflexion. Sie wirken wie lebendige Brücken, Spiegelbilder von Einheit, Vielfalt und der Schönheit einer Welt, in der alles miteinander verbunden ist. Mit Fragmenten der Harmonie wollte ich die Bedeutung einer friedlichen Verbundenheit zwischen Menschen, Natur und Gegenwart hervorheben. Die Collage wird zur Metapher für dieses feine Gleichgewicht: Jeder Schnitt und jede Schicht bezeugen eine fragile Balance, in der Papier zum Medium einer subtilen, aber entscheidenden Reflexion wird. In Wo Papier blüht habe ich diese Erkundung vertieft, indem ich Papier als lebendige Erinnerung behandelte. Die Collagen aus geschnittenem Papier werden zu stillen Akten ökologischen und emotionalen Widerstands, die einen Dialog über friedliches Zusammenleben, Empathie und Erneuerung eröffnen. Diese beiden Kapitel markierten eine wichtige Etappe in meinem künstlerischen Weg. Sie stärkten meinen Wunsch, Räume zu schaffen, die von einer harmonischen und nachhaltigen Beziehung zwischen Menschen und Natur zeugen und uns gleichzeitig einladen, eine verantwortungsvolle Zukunft zu entwerfen. In dieser Kontinuität habe ich zwei Serien entwickelt, die diese Reflexion fortführen: Horizont, eine Öffnung zu weiten und friedlichen Räumen, und Präsenz in der Welt, eine Einladung langsamer zu werden, aufzuwachen und zu fühlen. Beide drücken mein Bestreben aus, Momente der Ruhe und Poesie zu schenken, in denen Kunst zur Brücke zwischen innerer Vision und der zerbrechlichen Schönheit der Welt wird.
Unser Novemberheft trägt das Thema „Um die Ecke“. Was liegt für Sie in diesem Moment um die Ecke, von Ihrem Buch bis zu neuen Werken und Projekten, die Sie für Herbst und Winter vorbereiten?
Im Bereich Malerei warten mehrere Skizzen, die mir sehr am Herzen liegen, darauf, durch meine Schere zum Leben erweckt zu werden.
Im Bereich Publikationen wird meine Arbeit in verschiedenen Kunstbüchern und Magazinen erscheinen.
Im Bereich Ausstellungen werden Herbst und Winter von einer Kunstmesse sowie mehreren Ausstellungen geprägt sein.
Im Bereich Schreiben arbeite ich derzeit an einem Gedichtband, der den Dialog mit meinen Collagen führen soll, da ich glaube, dass Poesie und Papier eine gemeinsame Sprache teilen: die Sprache der Komposition, des Rhythmus und der Emotion.
Bei all diesen Projekten bleibt mein Wunsch derselbe: Brücken zwischen Kunst und Leben, zwischen Bild und Wort zu flechten, jede und jeden einzuladen, innezuhalten und zu träumen. Ich glaube zutiefst, dass Kunst die Kraft besitzt, Ruhe, Staunen und Hoffnung zu schenken, kostbare Samen, die wir gemeinsam für die Zukunft pflanzen können.

In allem, was sie schafft, formt Beatrice einen Raum, in dem Kunst und Leben untrennbar ineinanderfließen. Ihre Bücher, Collagen und Ausstellungen bilden ein Universum, in dem Worte Farbe tragen und Bilder im Rhythmus der Poesie widerhallen. Jedes Werk trägt einen Atemzug von Hoffnung und Zärtlichkeit, lädt zu Momenten des Nachdenkens ein und eröffnet die Entdeckung von Schönheit in ihren feinsten Formen.
Edgar, die zentrale Figur ihres neuen Buches, steht als Symbol für diesen schöpferischen Weg: ein Herz, das im Einklang mit der Natur schlägt, und ein Blick, der das Licht selbst dort erkennt, wo man es am wenigsten erwartet. Er öffnet die Tür zur Fantasie und zeigt, dass in ihr die Kraft der Verwandlung und der inneren Freiheit liegt. Mit ihrem Werk erinnert uns Beatrice daran, dass Kunst ein Ort der Begegnung sein kann, eine Brücke zwischen innerer Vision und Wirklichkeit, ein Geschenk, das alle bereichert, die sich ihm nähern. Ihr Universum strahlt Verbundenheit, Harmonie und Vertrauen in die Zukunft aus. Dies ist die bleibende Botschaft: Kunst als Quelle der Hoffnung, als Same, der zu Ruhe, Inspiration und stiller Fülle des Lebens heranwächst.













