KÜNSTLICHE INTELLIGENZ ALS NEUE SPRACHE DER ARCHITEKTUR
- ARTISTIC HUB MAGAZINE

- 1. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Die 19. Internationale Architekturausstellung in Venedig hat unter dem Titel Intelligens. Natural. Artificial. Collective. ihre Tore geöffnet. Kurator Carlo Ratti bringt eine neue Perspektive ein. Architektur wird nicht mehr ausschließlich als Mittel zur Abmilderung der Klimafolgen verstanden, sondern als ein Feld der Anpassung. In diesem Rahmen erhält die künstliche Intelligenz eine besondere Rolle, nicht als Ersatz des Menschen, sondern als Erweiterung seiner Erfahrung.
In den Corderie dell’Arsenale betreten Besucherinnen und Besucher ein lebendiges Labor, in dem sich natürliche, kollektive und künstliche Intelligenz verweben. Anstelle klassischer Tafeln und Texte präsentiert die Biennale digitale Begleiter. Einer davon, Spatial Intelligens, erkennt Räume anhand von Fotografien und führt durch die Ausstellung, während In Other Words den Katalog in einen vielstimmigen Audioguide verwandelt. Diese Werkzeuge nehmen den Autorinnen und Autoren nichts weg, sondern erweitern die Autorschaft und eröffnen Raum für persönliche und gemeinsame Deutungen.
Das Erlebnis ist so gestaltet, dass Körper und Geist gemeinsam reagieren. Die Installation Terms and Conditions schafft einen Moment, in dem die Besucherinnen und Besucher die Hitze und Feuchtigkeit, die Klimaanlagen erzeugen, körperlich spüren.
Direkt danach übersetzt eine Wand aus 1.500 Ziegeln in The Other Side of the Hill demografische Daten in eine Architektur, die berührt werden kann. In beiden Fällen bleibt die Technologie im Hintergrund, während die menschliche Wahrnehmung die Erzählung bestimmt.
Generated Living Structure; Photo by Marco Zorzanello; 19th International Architecture Exhibition of La Biennale di Venezia Intelli gens. Natural. Artificial. Collective. Courtesy: La Biennale di Venezia
Die Frage der Autorschaft steht im Mittelpunkt. Ratti betont, dass Architektur in Zeiten des Wandels ein kollektives Werk sein muss. Deshalb zeigt die Biennale Projekte, die die Grenze zwischen Menschen und Maschinen auflösen.
In Domino 3.0: Generated Living Structure nutzt Kengo Kuma mit seinem Team künstliche Intelligenz, um herauszufinden, wie unregelmäßige Holzstücke zu einer perfekt gefügten Konstruktion werden können. Ein weiterer Bereich widmet sich neuen Materialien wie Biobeton und Bananenfasern, unterstützt von Algorithmen, die den Entdeckungsprozess beschleunigen. Ziel ist nicht, dass Technologie die Idee übernimmt, sondern dass natürliche Muster wieder hörbar und sichtbar werden.

Generated Living Structure; Photo by MarcoZorzanello; 19th International Architecture Exhibition of La Biennale di Venezia Intelli gens. Natural. Artificial. Collective. Courtesy: La Biennale di Venezia
Am öffentlichen Forum Speakers’ Corner treten Architektinnen, Architekten, Kritikerinnen, Kritiker und Gäste in den Dialog und verwandeln die Ausstellung in einen offenen Raum für den Austausch von Gedanken. Diese Struktur zeigt, wie sich Autorschaft ausweitet, während künstliche Intelligenz in diesem Prozess zur Vermittlerin zwischen Fachsprache und breiterer Öffentlichkeit wird. Die Harvard GSD Review hebt hervor, dass die Verbindung von einfachen und technologisch komplexen Lösungen am stärksten wirkt, während Wallpaper betont, dass durch KI-gestützte Beschriftungen Fragen nach Vertrauen und deren Wahrnehmung im Ausstellungskontext entstehen.

In Venedig wird in diesem Jahr die Fähigkeit der Menschen gefeiert und die Technologie in die Kultur des Bauens und des Teilens von Wissen eingebettet. Diese Ausstellung entfaltet sich als Netzwerk aus verdichteten Einsichten, Stimmen und Prototypen, die auf eine Stadt verweisen, welche ihre eigenen Prozesse versteht und sich ihnen anpassen kann.





