KATARINA COBB
- ARTISTIC HUB MAGAZINE
- 22. Juni
- 5 Min. Lesezeit
Stille in Farbe
Katrina Cobb ist eine Künstlerin, deren Werke aus der Stille heraus entstehen. In ihren Bildern liegt ein Rhythmus, der sich nicht aufdrängt. Er entfaltet sich langsam - durch Farben, Erinnerungen und die Zwischenräume der Gesten.
Jahre verbrachte sie ohne festen Wohnsitz, durchquerte Städte, Sprachen, wechselndes Licht. Diese Erfahrung prägt ihre Kunst - nicht durch direkte Abbildungen, sondern durch Atmosphäre. In diesem Interview spricht sie darüber, wo alles begann, über Farbe als Sprache und über einen Schaffensprozess, in dem Gefühle keine Form suchen - sondern sie finden, wenn der Moment reif ist.

Wann hat deine Geschichte mit der Kunst wirklich begonnen? Gab es einen Moment, in dem das Schaffen aufhörte, funktional zu sein und persönlich wurde? Was hat dich dazu bewegt, präzise Linien gegen Intuition und Gefühl einzutauschen?
Es war kein einzelner Moment. Eher ein leises Erinnern. Kunst war schon in meiner Kindheit ein Teil meines Lebens, aber über Jahre habe ich meine Kreativität in strukturierte Bereiche gelenkt: Architektur, Coaching, strategisches Design. Erst als ich mir erlaubt habe, intuitiv zu malen - ohne Plan, ohne Erwartung -, hat sich etwas verändert. Ich kann dir genau sagen, wann dieser Wandel sichtbar wurde: Es war ein kleiner, ausdrucksstarker Moment am Küchentisch - ein Bild, das so anders war als alles, was ich mir zuvor je erlaubt hatte. Ab da wurde das Malen zutiefst persönlich. Die klaren Linien verschwanden, es blieb der Rhythmus, das Gefühl. Es wurde meine Sprache - für Emotionen, für Erinnerungen, für alles, was sich anders nicht sagen lässt.
Was hat dir das Leben ohne festen Wohnsitz beigebracht? Jahre unterwegs, neue Himmel, andere Sprachen - wie hat das dein Sehen, Fühlen, Gestalten verändert? Gibt es Orte, die in deinen Bildern weiterleben?
Ich habe gelernt, dass „Zuhause“ kein Ort ist - sondern ein Gefühl. Ein Licht, eine Bewegung in der Luft, die Textur der Stille. Dieses ungebundene Leben hat meinen Blick verändert. Ich sehe die Welt heute vielschichtig, voller Emotion. Das beeinflusst, wie ich Farbe, Rhythmus und Raum empfinde. Guatemala, Mexiko, Italien - sie hinterlassen Spuren in meiner Arbeit, nicht immer visuell, sondern energetisch. Das Gefühl, bei Dämmerung einen ausbrechenden Vulkan zu beobachten oder nächtliche Straßenmusik zu hören, lebt in den Pinselstrichen weiter.

Was bringt dich dazu, ein Bild zu beginnen?
Folgt deine Arbeit einem Bild, einer Stimmung, einer Farbe - oder steigt da etwas Leises in dir auf, das gesehen werden will?
Oft ist es kein klares Bild. Eher ein Impuls, eine Schwingung, ein Moment, der nachklingt. Manchmal ein Lied, das in mir hängen bleibt, manchmal eine Farbe, die mich nicht loslässt. Oder eine Erinnerung, die plötzlich ganz präsent wird. Die besten Bilder entstehen, wenn etwas Leises an die Oberfläche tritt und gesehen werden will - nicht gefordert, sondern Schicht für Schicht enthüllt.
Wie sprichst du mit Farben, wenn Worte nicht mehr reichen? Vertraust du darauf, dass sie für dich sprechen - oder führst du sie bewusst? Was zieht dich an zu diesen vielschichtigen, strukturierten Oberflächen?
Farbe ist meine flüssigste Sprache. Ich vertraue ihr mehr als der Logik. Manchmal erdet sie ein Gefühl, manchmal weckt sie es. Die Struktur meiner Oberflächen erlaubt der Farbe, sich unvorhersehbar zu verhalten - sie versinkt, fängt Licht, verändert sich mit der Zeit. Diese Schichten spiegeln, wie wir Erinnerungen und Emotionen tragen und zwar nicht linear, sondern überlagert, in Spuren und nachhallend.
Wo findest du Stille im kreativen Prozess? Deine Bilder wirken ruhig, offen, wie ein angehaltener Atemzug. Ist das eine bewusste Suche - oder stellt sich diese Ruhe beim Arbeiten von selbst ein?
Die Stille kommt langsam - wenn ich die Kontrolle loslasse. Es gibt einen Moment des Atmens, wenn ich aufhöre zu gestalten und anfange, dem Bild zu folgen. Das Kratzen des Messers, das Mischen der Farben, der Raum zwischen den Gesten - es wird meditativ. Ich versuche, diese Stille auch in der fertigen Arbeit fühlbar zu machen. Als Einladung, innezuhalten, weich zu werden, zu reflektieren.
Wie viel von dir selbst lässt du in deine Bilder einfließen? Sind deine Werke ein Spiegel deines Inneren - oder zeigen sie dir manchmal etwas, das du selbst noch nicht erkannt hattest?
Alles von mir - auch wenn nicht immer bewusst. Die Bilder entstehen aus dem, was ich fühle oder erinnere. Aber oft zeigen sie mir etwas, das ich noch nicht kannte. Es ist Selbsterkenntnis genauso wie Ausdruck. Ich male, um mich selbst besser zu verstehen. Und hoffe, dass andere sich darin auch wiedererkennen.
All I heard was blue; 2025; acrylic and pastel; 35x50cm Peace is a volcano; 2025; acrylic on canvas; 90x120cm Bonfire dreams; 2025;acrylic and pastel; 35x50cm
Was geschieht, wenn sich jemand mit deiner Arbeit verbunden fühlt? Denkst du beim Malen an die Person, die später davorstehen wird – oder gehört dieser Moment ganz ihr?
Das ist der Moment, für den ich male.
Wenn jemand vor einem Bild steht und sagt: „Das fühlt sich an, als wäre es für mich gemacht“, dann weiß ich, dass es angekommen ist.
Ich male nicht für eine bestimmte Person, aber ich vertraue darauf, dass das richtige Werk den richtigen Menschen findet. Und wenn es passiert, gehört es ihnen. Es wird Teil ihres Raumes, ihrer emotionalen Landschaft, manchmal sogar ihrer Heilung. Es begleitet sie - als nächstes Kapitel ihrer eigenen Geschichte.
Gibt es etwas, das du noch nicht gemalt hast? Ein Gefühl, das du noch nicht zulässt? Eine Erinnerung, die du auf Distanz hältst? Ein Bild, das noch Zeit braucht?
Es gibt immer Emotionen, die erst langsam Form finden. Trauer, die noch kein Bild hat. Freude, die ich mir noch nicht ganz erlaubt habe. Manche Themen müssen in mir reifen, bevor ich sie teilen kann. Ich achte dieses Timing. Die Leinwand weiß, wann es so weit ist.

In Katrinas Bildern spürt man das Vergehen der Zeit - aber nicht die Art, die sich in Tagen oder Fristen misst. Eher einen Raum, in dem etwas ohne Eile reifen darf. Die Oberflächen, die sie gestaltet, sind nicht starr - aber sie erzählen auch keine Geschichten im klassischen Sinn. Sie tragen eine Präsenz in sich, die nicht gedeutet werden will. Ihre Werke verlangen keine Aufmerksamkeit. Sie laden sie still ein. Sie bieten keine Antworten, sondern einen Ort, an dem sich etwas setzen darf.
Manchmal ist es ein Gedanke. Manchmal ein Gefühl. Und manchmal nur das Bedürfnis, einen Moment lang still zu sein. Katrinas Kunst versucht nicht, die Erfahrung zu lenken. Sie lässt sie einfach entstehen. Und genau in diesem Vertrauen liegt ihre Kraft. Was nicht ausgesprochen wird, aber bleibt ohne erklärt werden zu müssen.
Um mehr von Katrinas Arbeiten zu entdecken oder direkt mit ihr in Kontakt zu treten, besuchen Sie ihr Online-Atelier und tauchen Sie ein in jene Orte, an denen ihre Farben ihren Ursprung finden.